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Tool 23: Präsentieren auf der Bühne II: Poetry Slam und Science Slam

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Bild: SenBJF

Neben theatralen Präsentationen bieten sich Slams als motivierendes und publikumsaktivierendes Vortragsformat innerhalb einer Klasse, einer Jahrgangsstufe oder als Schulveranstaltung an. Ein Poetry Slam ist ein Dichterwettstreit, bei dem kurze, selbstverfasste Texte als Performance vortragen werden; das Publikum kürt den Sieger oder die Siegerin durch Punktevergabe oder durch Applaus.

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Fortsetzung Sprechen23

Diese Art der Literaturveranstaltung ist in den 90er-Jahren in den USA entstanden und  mittlerweile auch in Europa sehr populär; in Berlin ist die Slam-Szene mit diversen Bühnen stark verankert und in fast allen Bezirken vertreten[1];  mit dem „U20 Slam“[2] gibt es sogar eine spezielle Auftrittsmöglichkeit für Jugendliche im Grips Theater.  Durch ihren Wettbewerbscharakter sind Poetry Slams sehr unterhaltsam und bieten auch für Jugendliche ein hohes Identifikationspotential, da junge Erwachsene und z.T. Gleichaltrige auf der Bühne stehen und die sprachlich gut verständlichen Texte pointenreich Alltagsbeobachtungen thematisieren.

 

In Deutschland hat sich in Anlehnung an das Format des Poetry Slam seit 2006 der Science Slam entwickelt, in dem wissenschaftliche Themen unterhaltsam und verständlich vorgetragen werden – wie im Poetry Slam als Wettstreit auf der Bühne mit Bewertung durch das Publikum. Meist sind es Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler oder Studierende, die ihre eigenen Forschungsthemen vorstellen. Kleine Unterschiede zum Poetry Slam bestehen im Zeitlimit (Poetry Slam: ca. 5 Minuten; Science Slam ca. 10 Minuten) sowie in der Unterstützung durch Requisiten, Anschauungsmaterial und Präsentationen, die im Poetry Slam nicht erlaubt sind, wohl aber im Science Slam.

 

Ablauf eines Slams[3]

 

  1. Der Moderator/die Moderatorin begrüßt das Publikum und erläutert die Regeln:
  • Vortragszeit: Poetry Slam bis zu 5 Minuten, Science Slam bis zu 10 Minuten
  • Requisiten/Verkleidung: nicht gestattet im Poetry Slam, gestattet im Science Slam
  • Bewertung: Publikum bewertet die Vorträge nach Applausstärke (Applaus von 1-10 Punkten wird geübt) oder mit Stimmkarten direkt nach dem Vortrag
  • Wettbewerbsformat: 1. Runde: Nach je sechs Vorträgen entscheidet das Publikum, wer in die zweite Runde kommt; 2. Runde: alle, die in der ersten Runde gewonnen haben, treten noch einmal an
  1. Der Moderator/die Moderatorin ermittelt (meist per Los) die Reihenfolge der auftretenden Slammerinnen und Slammer, deren Namen (z.B. auf eine Tafel) geschrieben werden.
  2. Der Slam-Wettbewerb beginnt, indem der Moderator/die Moderatorin unter Applaus des Publikums die einzelnen Poeten oder Teams nacheinander auf die Bühne bittet.
  3. Die Slammerinnen und Slammer nutzen die vorher bekannt gegebene Zeit für ihre Aufführung.

 Nach dem Auftritt beurteilt das Publikum den Beitrag durch Applaus oder Stimmkarten mit Punkten. Die Punkte werden (auf der 

 Tafel) notiert.

  1. Bei der Siegerehrung werden symbolische Preise verteilt.

 

Sowohl der Poetry Slam als auch der Science Slam sind gut in der Schule einsetzbar; es sind motivierende Formate mit einem sehr hohen sprachbildenden Potenzial, da die Schülerinnen und Schüler zu einem selbst gewählten Thema frei und zusammenhängend sprechen (Science Slam) bzw. einen selbst verfassten kreativen Text publikumswirksam vortragen (Poetry Slam). Sie erweitern und trainieren damit ihre Text- und ihre Sprechkompetenz; gleichzeitig hat der Bühnenauftritt mit dem eigenen Text oder Thema auch einen persönlichkeitsbildenden Aspekt. Für die Produktion der Texte können die Anregungen der Tools aus dem Kompetenzbereich „Schreiben“ (Tools 29-32) genutzt werden. 

Im Unterricht der Fächer Deutsch, Politik, Ethik oder in den Fremdsprachen können die Jugendlichen im Rahmen eines Slam-Projekts z.B. in einem Book-Slam Bücher vorstellen oder in einem Poetry Slam selbst verfasste lyrische Texte, Klang- und Wortspiele sowie Kurzprosa vortragen. Dabei dienen ihnen aktuelle Slam-Texte – besonders geeignet sind die jährlichen Auftritte der U-20 Meisterschaften – als Muster, an das sie sich anlehnen können (siehe dazu: Anders 2016, 2008 und 2007 sowie Anders/Schulte 2012 und Schütz 2015)[4].

Diese Schreibaufträge ermöglichen den Jugendlichen, wesentliche Themen aus ihrer Lebenswelt zu verbalisieren und zu reflektieren. Slam Poetry eignet sich für den Unterricht in unterschiedlichen Klassenstufen und Schulformen und kann auch von leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern bewältigt werden, da der Schreibprozess in mehrfacher Hinsicht entlastet ist: Zum einen durch die Orientierung an Modelltexten und Textmustern, zum anderen durch die Möglichkeit, kleine, bewältigbare Schreibaufgaben zu stellen sowie durch vielfältige Formen des kooperativen Schreibens.

Im Unterricht der naturwissenschaftlichen Fächer, aber natürlich auch für Sachthemen der anderen Fächergruppen, bietet sich der Science Slam an. Nachdem die Klasse durch die Präsentation eines ausgewählten Beispiels einen praktischen Eindruck eines Science-Slam-Vortrags erhalten hat, bereiten die Schülerinnen und Schüler – einzeln oder in Zweier-Teams – zu einem selbst gewählten Thema einen etwas zehnminütigen Vortrag vor. Ziel ist, das Publikum sowohl zu informieren als auch zu unterhalten. Im Vortrag dürfen auch Alltags- und Umgangssprache genutzt, kleine Anekdoten erzählt, in Ich-Form gesprochen werden etc. – solange es dazu dient, den fachlichen Kern oder die Problemstellung des Themas für das Publikum zu erläutern. Zur Unterstützung können diverse Anschauungsmaterialien und Verkleidungen eingesetzt werden; der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Detaillierte Arbeitsmaterialien für die Vorbereitung eines Science Slams im Unterricht hat der Südwestdeutsche Rundfunk erstellt.[5]

 

Sowohl für den Science Slam als auch für den Poetry Slam ist die Performance auf der Bühne wichtig, um die Gunst des Publikums zu erlangen; zur Vorbereitung benötigen die Schülerinnen und Schüler Zeit und unterstützende Arbeitshinweise:

 

Die Performance vorbereiten[6]

 

 Anregung:

  1. Lass Dich von unterschiedlichen Vortragsstilen anregen; schaue Dir dazu Slam-Auftritte im Internet an: Wer ist Deiner Vortragsart am ähnlichsten? An welcher Performance lernst Du Neues kennen? Was willst Du übernehmen?

 

 Vorbereitung des eigenen Vortrags:

  1. Markiere im Text Passagen oder einzelne Wörter, die Du besonders laut, leise, schnell oder langsam oder in einer anderen Stimmhöhe sprechen willst.
  2. Probiere unterschiedliche Mimik und Gestik zu Deinem Text aus. Präge Dir ein, welche Du an welcher Textstelle einsetzen willst.
  3. Präsentiere deinen Textvortrag einem Mitschüler/einer Mitschülerin und lass dir eine Rückmeldung und Tipps zur Verbesserung deiner Performance geben.

 

 Die Performance üben:

  1. Probe das Vorlesen und Vortragen. Falls möglich, übe mit Mikrofon. Stelle beim Auftritt das Mikrofon immer auf deine Körpergröße ein.
  2. Setze Pausen ein. Stelle dir im Publikum jemanden vor, den du angucken willst. Plane diesen Augenkontakt zum Publikum ein.
  3. Lerne deinen Text auswendig. Eine längere Geschichte kannst du auch vorlesen. Wichtig: Fühle dich in deinem eigenen Text wie zu Hause.
     

 Begrüßung des Publikums:

  1. Überlege, was du zum Publikum sagst, bevor dein eigentlicher Slam-Text losgeht. Hier ein paar Ideen:
  • Erzähle, wie du auf die Idee gekommen bist, diesen Text zu schreiben.
  • Stelle einen Bezug zum Ort her, z.B. „Hallo Berlin!“
  • Erzähle kurz etwas über dich, z.B. was du selbst gerne liest, warum du an einem Slam teilnimmst, ob du nervös bist etc.

 

Tipp:

Viele professionelle Slam-Poeten und -Poetinnen bieten auch Workshops für Schulen an, die dadurch noch einmal deutlich an Authentizität und Motivation gewinnen.

 

Literatur:

  • Anders, Petra, Poetry Slam: Unterricht, Workshops, Texte und Medien. 2016;
  • Anders, Petra, Texte und Materialien für den Unterricht: Slam Poetry. 2008;
  • Anders, Petra , Poetry Slam: Live-Poeten in Dichterschlachten. 2007;
  • Schütz, Xochil: Slam Poetry: Eigene Texte verfassen und performen (8. bis 10. Klasse). 2015

 

Links:

 

 

 


[1] Siehe dazu: https://www.berlin.de/kultur-und-tickets/tipps/poetry-slam/ oder auch: https://slamtermine.de/berlin/

[2] Siehe dazu: http://www.grips-theater.de/programm/spielplan/produktion/22

[3]Siehe dazu: Petra Anders, Brigitte Schulte: Zusammen dichten. Poetry Slam, interkulturelles Lernen und Sprachbildung. Berlin 2012, S.40

[4]  Anders, Petra: Poetry Slam: Unterricht, Workshops, Texte und Medien. 2016; Texte und Materialien für den Unterricht: Slam Poetry. 2008; Poetry Slam: Live-Poeten in Dichterschlachten. 2007; Schütz, Xochil: Slam Poetry: Eigene Texte verfassen und performen (8. bis 10. Klasse). 2015

[5]https://www.lehrerfreund.de/medien/_assets_bilder/der_lehrerfreund/praesentation/science-slam/science-slam-material1_kriterien-guter-vortrag.pdf

[6] Aus: Anders/Schulte, 2012, S.37