Bei einem ausführlicheren Vorgehen werden unterstützende Schreibaufgaben entlang der einzelnen Phasen des Schreibprozesses formuliert und daher komplexe Anforderungen in kleine, bewältigbare Schritte aufgeteilt.
Zur selbstständigen Einübung und zunehmend autonomen Anwendung dieser Schritte eignet sich sehr gut das Schreibstrategietraining PIRSCH+, das in Tool 28 beschrieben wird.
Aufgaben entlang des Schreibprozesses – am Beispiel: einen Steckbrief über ein Tier am See schreiben
a) Ideen finden
Arbeitsschritte
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Möglicher Arbeitsauftrag
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Didaktische Hinweise
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Vorwissen aktivieren
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Sprecht zu zweit/in der Gruppe darüber, was Ihr
über Seen wisst und welche Lebewesen an oder in
einem See leben.
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Hier geht es darum, die Lernenden gedanklich ins
Thema zu bringen und ihr Vorwissen dazu
möglichst plastisch ins Gedächtnis zu rufen.
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Wortschatz sammeln
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Erstelle ein Wortfeld oder ein Begriffsnetz mit
wichtigen Begriffen über Tiere am See.
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Die Wortfeldarbeit dient der Aktivierung bzw.
Erweiterung des thematische relevanten
Wortschatzes. Sie kann sowohl im Plenum als
auch in Einzel-/Partnerarbeit erfolgen.
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Annäherung ans Thema
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Bringe Bilder von Lebewesen am See mit.
Recherchiere zu der von Dir ausgewählten Tierart
am See möglichst viele Informationen zu
folgenden Kategorien: Lebensraum, Nahrung…
Lies den Informationstext/Lehrbuchtext und
notiere die wichtigen Informationen zu Deinem Tier
in einer Mind-Map.
Schau den Film und notiere Dir Informationen
über Dein Tier.
Ein eigenes Experiment, eine Befragung o.Ä. zum
Thema durchführen
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Hier werden alle für den späteren Schreibprozess
notwendigen Informationen gesammelt.
Die Suche nach Informationen kann durch die
Vorgabe von Kriterien oder Kategorien erleichtert
werden.
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b) Planen
Methode
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Möglicher Arbeitsauftrag
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Didaktische Hinweise
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Adressat und
Schreibziel festlegen
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Stell Dir vor, Deine Schule möchte direkt neben
dem Schulgelände einen kleinen Teich/See
anlegen. Du sollst für die Schulkonferenz
aufschreiben, welchen Tieren man damit einen
Lebensraum schaffen könnte. Jedes Team aus
der Klasse stellt also ein anderes Tier vor.
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Diese Situierung der Schreibsituation durch eine Art
Storytelling der Lehrkraft dient dazu, die
Schreibmotivation zu erhöhen, indem die
Schreibhandlung als möglichst authentisch und
persönlich bedeutsam kommuniziert wird – siehe Tool
24.
Zudem werden auch Schreibziel und Adressat
möglichst klar, wodurch Aspekte wie die zu
verwendende Stilebene oder Wortwahl definiert
werden.
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Gliedern
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Wähle aus Deinen gesammelten Informationen
die für Dein Tier wichtigen aus. Bringe sie in
eine sinnvolle Reihenfolge.
Du kannst dafür den gegebenen
Mustersteckbrief nutzen.
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Die ungeordneten Ideen werden nun strukturiert, z.B.
mit einer Mind-Map, und im Hinblick auf das
Schreibziel ausgerichtet.
Schon hierfür können als Unterstützung feste
Kategorien oder Bestandteile festgelegt oder auch
Gliederungsmuster (siehe Tool 30) oder Modelltexte
(siehe Tool 29) bereitgestellt werden,
ggf. zur Auswahl.
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c) Schreiben
Besondere Qualität erhalten Schreibprozess und -ergebnis dann, wenn in der Phase der Textrealisierung kooperativ durch mehrere Personen gemeinsam geschrieben wird. Das ist sowohl analog als auch digital möglich – siehe Tool 31 – „Schreiben mit digitalen Werkzeugen“.
Methode
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Möglicher Arbeitsauftrag
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Didaktische Hinweise
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Text verfassen
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Verfasse nun den Steckbrief über Dein
Tier. Verwende dafür die Informationen,
die Du gesammelt hast.
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Ziel in dieser Phase ist es, dass nur noch das
vorher Gesammelte passend zu Textsorte und
Adressat schriftlich ausformuliert wird. Durch die
Vorbereitung sind die Schreibenden kognitiv
entlastet und können sich ganz auf die
sprachliche Realisierung konzentrieren.
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Alternativ: Kooperatives
Schreiben des Texts
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Verfasst nun zu zweit den Steckbrief.
Verwendet dafür die Informationen, die
Ihr vorher gesammelt habt.
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„Wenn SchülerInnen gemeinsam an einem Text
arbeiten, kommen sie gar nicht umhin, aktiv
sprachlich zu handeln – Formulierungsideen
müssen vorgeschlagen, begründet überprüft und
kommentiert werden, das schon zu Papier
Gebrachte muss mehrfach überdacht und
überarbeitet werden.“[1]
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Musterformulierungen
verwenden
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…Du kannst auch Formulierungen aus
dem Mustersteckbrief/der Liste mit den
Musterformulierungen verwenden.
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In dieser Phase kann in folgender Form
unterstützt werden:
- Mustertext, ggf. ausführlich erarbeitet (siehe Tool 29)
- Thematische Redemittel und Wortlisten (siehe Tool 30)
- Strukturwörter für Inhaltliche Zusammenhänge und Abfolgen bereitstellen
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d) Überarbeiten[2]
Die Überarbeitungs-Phase, die von weniger schreibgeübten Schülerinnen oder Schülern oft vermieden wird, ist gerade deshalb besonders wichtig. Hier sollte möglichst auch eine schriftliche Überarbeitung oder die Formulierung von Tipps eingefordert werden, damit wirklich ernsthaft eine Textüberarbeitung stattfindet.
Bei allen folgenden Verfahren empfiehlt es sich, diese mit den Schülerinnen und Schülern intensiv einzuüben und ggf. in einer Vorbesprechung modellhaft zu demonstrieren, damit sie sachgerecht und produktiv realisiert werden.
Die Ernsthaftigkeit der Textüberarbeitung kann dadurch noch gesteigert werden, dass am Ende des Prozesses ein „schönes“ Produkt stehen soll, das im besten Fall auch in irgendeiner Form veröffentlicht wird (Aushang, Homepage…). Je nach vorhandenen Ressourcen ist hier eine Endredaktion auf der Basis von Hinweisen der Lehrkraft sinnvoll. Auch die routinierte Nutzung von Wörterbüchern kann in diesem Kontext trainiert werden.
Methode
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Möglicher Arbeitsauftrag
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Didaktische Hinweise
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Kriterien-Checkliste
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Überprüft nun zu zweit Eure Texte. Hakt
dafür auf der bereitgestellten Checkliste die
Kriterien ab und überarbeitet die Texte.
Nutzt Wörterbücher zur Überprüfung der
Rechtschreibung.
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Die wichtigsten Anforderungen an den Text
werden in für die Schreibenden verständlicher
Form notiert. Diese Liste kann auch schon vorher
gemeinsam erarbeitet werden oder aber im
Interesse der ernsthaften Bearbeitung
übungshalber die Kriterien einer späteren
Leistungskontrolle enthalten.
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Schreibkonferenz
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Führt in Eurer Gruppe eine Schreibkonferenz
durch.
Dabei liest jede Person in der Gruppe ihren
Text vor. Jeder Text wird von den anderen
konstruktiv kommentiert. Einigt Euch auf
einen Text, den Ihr besonders gelungen findet
und der in der Klasse hinterher präsentiert
vorgetragen werden soll.
Besprecht bei jedem Text diese Punkte:
- Das hat mir besonders gut gefallen
- Hier fällt mir etwas auf:
- Hier habe ich noch Fragen:
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Diese Form der Auswertung, angelehnt an
professionelle Formen der Textüberarbeitung,
dient nicht zuletzt Wertschätzung aller Texte. Die
Aufforderung zur Einigung auf einen Text für die
anschließende Präsentation stellt einen
Redeanlass über die Qualität der Texte dar.
Das Gespräch innerhalb der Gruppe kann durch
„Fahrpläne“ vorstrukturiert werden, bei denen z.B.
gezielt nach „Schreibgeheimnissen“ gefragt wird. [3]
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Textlupe[4]
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Überarbeitet gemeinsam in der Gruppe Eure
Texte. Dafür erhält jede Person in der Gruppe
einen speziellen Überprüfungsauftrag.
Überprüft alle Texte aus der Gruppe reihum
gezielt auf Euer Kriterium und notiert Eure
Tipps und Ergänzungsvorschläge auf dem
Kommentarblatt zum jeweiligen Text.
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Im Unterschied zur Schreibkonferenz erfolgt die
Textüberarbeitung arbeitsteilig, schriftlich und
kriterienorientiert.
Das Kommentarblatt, das zusammen mit dem Text
in der Gruppe herumgeht, kann je nach
Komplexität des Überprüfungsauftrags auch noch
einmal unterteilt werden in Spalten wie „Das fällt
mir auf“, „Mein Vorschlag“.
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Expertenteams
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Überarbeitet gemeinsam in der Gruppe Eure
Texte. Dafür erhält jede Person in der Gruppe
einen speziellen Überprüfungsauftrag. Lest
nun alle Texte vor und jedes Gruppenmitglied
gibt mindestens einen Kommentar und einen
Verbesserungsvorschlag zu seinem Bereich
ab.
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Das Vorgehen ist ähnlich wie bei der Textlupe,
allerdings erfolgt die Durchführung mündlich.
Daher kann es sinnvoll sein, diese Methode erst
nach dem Üben von Textlupen einzusetzen. Die
Zahl der Gruppenmitglieder definiert die Zahl der
Kriterien (oder umgekehrt).
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Über den Rand schreiben
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Findet Euch in Grupen mit drei, maximal vier
Personen zusammen. Jede Persone klebt
ihren Text auf ein größeres Blatt.
Nun liest jede Person einen Text der anderen
und markiert Textstellen, die noch einmal
überarbeitet oder ergänzt werden sollten.
Notiert außen auf dem großen Blatt Eure
Fragen, Hinweise oder
Formulierungsvorschläge. Danach werden die
Blätter an die nächste Person der Gruppe
weitergegeben und diese ergänzt auf
dieselbe Weise.
Anschließend überarbeitet der Autor bzw. die
Autorin ihren Text auf der Basis der Hinweise.
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Kooperatives Rezensionsverfahren, bei dem ein
Text als Text mit Leerstellen begriffen wird.
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Für die Oberstufe existiert für das Fach Deutsch eine ausführliche Berliner Handreichung zum „Schreiben in schulischen Kontexten“[5], deren Bausteine und Effekte natürlich für die Schreibkompetenz in allen Fächern fruchtbar sind. Diese Handreichung macht auch Lehrkräften außerhalb des Faches Deutsch den Arbeitsprozess entlang von Planen, Schreiben und Überarbeiten sicht- und nachvollziehbar.
Literatur:
[1] Schmölzer-Eibinger et al, S. 34
[2] siehe Becker-Mrotzek/Böttcher, Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen, Berlin 2012, S. 44
[3] https://www.beate-lessmann.de/schreiben/autorenrunde.html
[4] siehe ausführlich dazu: Bolte/Brehmer et. al., Schreiben in schulischen Kontexten-Module zur Förderung der Schreibkompetenz, SenBJF/ Berlin 2018, S. 21
[5] Bolte, Dorothea/Brehmer, Katharina et al, Schreiben in schulischen Kontexten – Module zur Förderung der Schreibkompetenz, SenBJF/Berlin 2018