Als vorbereitendes Üben für den Vortrag an sich ist das strukturierte Sprechen, also die strukturierte Bereitstellung von Formulierungshilfen, äußerst geeignet (siehe Tool 19), vor allem wenn dabei auch Überleitungen und das Herstellen von Zusammenhängen geübt werden. Zudem enthält das Tool 20 zahlreiche Anregungen und spielerische Trainingsformen für freies Sprechen vor Gruppen etc.
In diesem Tool 21 wird auf die allgemeinen Anforderungen und Tipps zu Referaten (wie z.B. Hinweise zu Recherche, Ideensammlung, Gliederung etc.), die je nach Unterrichtsfach sehr unterschiedlich ausfallen können, verzichtet, um sich auf die sprachlichen Aspekte des Vortrags zu konzentrieren.
Zunächst einmal müssen die Schülerinnen und Schüler während ihrer Schullaufbahn mit dem „Textmuster“ Referat vertraut gemacht werden. Hierfür erstellte Übersichten oder Infoblätter können als Scaffolding im weiteren Sinne verstanden werden. Beispiele und Tipps dafür finden sich in der ausführlichen Handreichung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zur 5. Prüfungskomponente im Abitur[1] oder der Handreichung des LISUM zum MSA[2].
Um als Lehrkraft die Kriterien für eine gute Vortragsweise mit den Schülerinnen und Schülern induktiv zu erarbeiten, bietet sich die „Regelschulung“ von Klippert[3] an:
Regelschulung
Die Lehrkraft hält zu Demonstrationszwecken zwei verschiedene Vorträge. Beim ersten macht sie so viel wie möglich falsch: Sie
spricht zu leise, zu schnell, schaut nur aufs Blatt, meidet Blickkontakt, liest ab, spricht monoton ohne Betonungen oder
Tonhöhenunterschieden, ohne Mimik und Gestik.
Nach der Auswertung der Defizite des ersten Vortrags verteilt die Lehrkraft ein Info-Blatt mit den wichtigsten Tipps für gute
Vorträge (Vorschlag ebd.) und wiederholt den Vortrag unter Beachtung der Regeln, woraufhin die SuS das ebenfalls auf dem
Blatt befindliche zweite Thema selbst zunächst in Partnerarbeit, später vor dem Plenum vortragen sollen.
Induktivere Alternative: Nach dem ersten Vortrag erhalten die Schülerinnen und Schüler den Auftrag, selbst Regeln für einen
guten Vortrag zu formulieren. Nach deren Besprechung und Sicherung erfolgt dann die Übung anhand des zweiten Vortrags wie
oben.
|
Aufgrund der Vielfalt an möglichen Inhalten und Strukturen von Präsentationen ist die Möglichkeit allgemeine Formulierungshilfen zu geben, begrenzt.
Besonders gelungen ist eine Sammlung im „Redekompass“, der im Rahmen des BiSS-Projekts in Sachsen-Anhalt am dortigen Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung entstanden ist[4].
Gerade die Art des Vortrags spielt ja nicht nur für die Überzeugungskraft auf die Zuhörerinnen und Zuhörer eine Rolle, sondern auch für die Bewertung bei zentralen Prüfungen, wo derartige Parameter zu einem großen Teil in die Note einfließen. Deshalb lohnt es sich, Tipps und Strategien zur Aneignung von lebendiger und überzeugender Vortragsweise bei Referaten immer mit einzubauen.
Vortragskriterien und Feedback
Nach der Präsentation hilft ein Feedback den Präsentierenden, konstruktive Vorschläge zu erhalten und Hinweise auf bisher unbewusste Verhaltensweisen zu bekommen. Dazu bieten sich sowohl genaue Kriterienkataloge wie auch Redemittel/Satzanfänge für Feedback an. Bei monologischen Sprechformen bietet sich ein nachträgliches Aufgreifen von wenigen, auffälligen Schwerpunkten an, um die Schülerinnen und Schüler nicht im Redefluss zu unterbrechen.
In derartige Reflexionsprozesse können auch die Schülerinnen und Schüler auf vielfältige Weise aktiv eingebunden werden, indem sie spezielle Höraufträge, z.B. in Form von Checklisten, erhalten. Damit dieses Feedback ressourcenorientiert (Lob für Positives, Verbesserungsvorschläge als Tipps formuliert) gegeben und angenommen werden kann, können neben Regeln auch gleich noch Formulierungen für ein gutes Feedback ergänzt werden wie im folgenden Beispiel:
Beispiel für eine Kriterienliste
Arbeitsauftrag:
1. Verfolgt die Präsentation eurer Mitschülerinnen und Mitschüler aufmerksam und macht euch dabei zu den folgenden
Aspekten Notizen.
2. Gebt den Rednerinnen und Rednern nach deren Vortrag eine mündliche Rückmeldung.
Beginnt euren Beitrag mit einer positiven Einschätzung und nennt zunächst alle Aspekte, die bereits gut gelungen sind. Gebt
dann ein paar Tipps und Anregungen für das nächste Mal.
|
Auftritt
|
Haltung
|
verschränkt, abweisend – aufrecht, entspannt, offen zum Publikum
|
Mimik, Gestik
|
steif oder nervös – dem Publikum zugewandt
|
Blickkontakt
|
zu häufiger Blick auf die Notizen – offener Blick zum Publikum
|
Lautstärke
|
zu leise/laut – angemessen
|
Aussprache
|
zu langsam/schnell – angemessen
|
Freie Rede
|
abgelesen – frei gesprochen
|
Sprache
|
Verständlichkeit
|
viele Fremdwörter ohne Erklärung, komplizierte Sätze – klare, verständliche
Sprache, schwierige Begriffe erklärt
|
Korrektheit
|
viele sprachliche Fehler – viele /wenige Füllwörter – Vollständige Sätze, wenige
Fehler
|
Adressatenbezug
|
Vortrag ohne Kontakt zum Publikum - Publikum angesprochen, sinnvoll einbezogen
(z.B. durch Fragen)
|
Inhalte
|
Gliederung
|
Inhalte nicht sinnvoll eingeteilt, Gliederung / nicht genannt, kein „roter Faden“
erkennbar – sinnvoll eingeteilt, Gliederung genannt, sinnvoller „roter Faden“
erkennbar
|
Informationswert
|
kaum Informationen, kaum verständlich erklärt, wenig Hintergrundwissen – viele
neue Informationen, differenziert, verständlich und kompetent erklärt,
Hintergrundgewissen gezeigt
|
Sachliche Richtigkeit
|
Informationen wenig nachvollziehbar/falsch – Informationen sachlich
nachvollziehbar/korrekt
|
Ausgewogenheit
|
Informationen fehlen, Nebensächliches zu ausführlich dargestellt, nur eine
Sichtweise – Viele wichtige Informationen gegeben, auf Wichtiges konzentriert,
verschiedene Blickwinkel
|
Medieneinsatz
|
Auswahl:
Medium (Plakat,
Bildschirmpräsentation…)
|
unpassend zum Thema ausgewählt – sinnvoll/passend zum Thema ausgewählt
|
Gestaltung: Anschauungsmaterial/
Visualisierung
|
anschaulich, viele Bilder – wenig anschaulich, zu viel Text
|
Sinnvoller Einsatz
|
beim Vortrag kaum genutzt – sinnvoll zur Erklärung der Inhalte eingesetzt
|
Bei Nutzung von Bildschirmpräsentationen:
|
Umgang mit Technik
|
funktioniert nicht, nicht vorher ausprobiert, nicht fehlerfrei bedient – funktioniert gut,
fehlerfrei bedient
|
Grafische Gestaltung
|
Schrift zu klein/groß, Layout nicht ansprechend, nicht funktional, wenig kontrastreich
– Layout ansprechend, funktional, kontrastreich
|
Animationen
|
ablenkend – ansprechend, sinnvoll
|
Texte
|
zu viel Text, ganze Sätze – nur wichtige Stichwörter gezeigt
|
Formale Kriterien
|
|
Zeitmanagement
|
Zeitvorgabe nicht eingehalten, zu kurz/zu lang – Zeitvorgabe gut eingehalten
|
Quellenangaben
|
keine Quellen genannt, nur wenige, kaum seriöse Quellen genutzt – viele, seriöse
Quellen genutzt und genannt
|
Zitiertechnik
|
Zitate nicht korrekt gekennzeichnet – Zitate korrekt mit Anführungszeichen kenntlich
gemacht
|
Thesenpapier/Handout
|
fehlt, wenig strukturiert, fehlerhaft – vorhanden, sinnvoll strukturiert, wichtige
Informationen korrekt gegeben
|
Für die Ausformulierung eines Feedbacks können zusätzlich oder alternativ strukturierte Sprechhilfen (siehe Tool 19) eingesetzt werden wie im folgenden Beispiel:
Als weitere Möglichkeit, besonders reproduktives Sprechen (z.B. Vorlesen) zu reflektieren, empfehlen sich auch Audio- und Videoaufnahmen, anhand derer sich Lernende mit zum Teil überraschenden Erkenntnissen ihrer Fehler bewusst werden, z.B. beim Vergleich einer Aufnahme mit dem zu lesenden Text.
Literatur:
- Klippert, Heinz, Kommunikationstraining, Weinheim 2018
- Brüning, Ludger, Methodentraining: Vortragen - Präsentieren - Referieren: Praktische Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufe (5. bis 10. Klasse), Donauwörth 2019
- Jebautzke, Kristin, Präsentieren in der Grundschule: Praktische Materialien zu kindgerechten Präsentationstechniken (1. bis 4. Klasse), Hamburg 2018
- Leisen, Josef, Handbuch Sprachförderung im Fach, Stuttgart 2013
- Handke, Ulrike, Mehr Erfolg im Unterricht, Braunschweig 2016
Links
_msa_sek1_lehrer.pdf
[1] https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/faecher/gesellschaftswissenschaften/sozialkunde/Handreichung_5PK_im_Abitur.pdf
[2] https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/pruefungen/msa/praesentationspruefung_msa_sek1_lehrer.pdf
[3] Vgl. Klippert, Heinz, Kommunikationstraining, S. 164 ; ebenda finden sich auch „10 Regeln für einen guten Vortrag“ auf S. 189
[4] https://www.bildung-lsa.de/pool/publikationen/pdf/1722_Redekompass.pdf