Kompetenzereich Interaktion
Bild: SenBJF |
Empirische Studien wie DESI, TIMMS oder auch die Ergebnisse der Berliner Schulinspektion zeigen: Der Sprechanteil der Lehrkräfte im Unterricht ist unvermindert überaus hoch; meist ist er doppelt so hoch wie die Redezeit aller Schülerinnen und Schüler einer Klasse zusammen.[1]
Sprachbildung hat deshalb immer auch das Ziel, ihren Sprechanteil deutlich zu erhöhen und den Fokus auf die Interaktion zwischen den Schülerinnen und Schülern zu legen. Mit einer solchermaßen sprachlich aktivierenden Haltung gehen sowohl eine kognitive Aktivierung und häufig auch eine Problemorientierung einher, da die Schülerinnen und Schüler gefordert sind, in komplexen Zusammenhängen statt in didaktisierten Häppchen zu denken und zu sprechen.
Für eine sprachliche Aktivierung im Unterricht bieten sich alle kooperativen Lernformen an, in denen die Schülerinnen und Schüler sich mit Inhalten nach dem Schema „think-pair-share“[2] selbsttätig zunächst in Einzelarbeit, dann in Kleingruppen und anschließend im Plenum auseinandersetzen. Ein großes Feld der sprachintensiven und motivierenden Sprechförderung ist außerdem der Einsatz szenischer Verfahren im Unterricht. Dies beginnt niedrigschwellig bei kleineren Rollenspielen oder improvisationstheatralischen Übungen und führt bis zu längerfristigen Simulations- und Planspielen, die in fast allen Fächern möglich sind. Auch formalisierte Gesprächsrunden sowie Argumentations- und Diskussionsformen steigern die sprachliche Aktivität der Schülerinnen und Schüler erheblich. Alle genannten Verfahren unterstützen die Schülerinnen und Schüler dabei, sich an verabredete Gesprächsregeln zu halten und sich generell in der verbalen Interaktion mit anderen Menschen kompetent zu verhalten: Die Schülerinnen und Schüler lernen ihre Meinung zu begründen und zu vertreten und gleichzeitig auf Äußerungen anderer einzugehen und diese zu akzeptieren. Dabei lernen sie außerdem, sich komplex und zusammenhängend zu äußern, ihren Wortschatz zu erweitern und Sprechängste zu überwinden. Die hier folgenden Tools bilden damit eine Brücke zu bildungssprachlichen Anforderungen, wie sie in präsentierenden und monologischen Sprech- und Textformen in der Schule gefordert sind (siehe hierzu auch den „Kompetenzbereich Sprechen“).
Außerdem beinhaltet das Aushandeln und Einhalten von Gesprächsregeln nicht nur einen sprachlichen Lernzuwachs. Das gemeinsame Reflektieren und Einüben von Kommunikationssituationen unter Beachtung von Kommunikationsmodellen wie dem „Vier-Ohren-Modell“ von Schulz von [P1] Thun leistet darüberhinaus einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung einer gewaltfreien und demokratischen Gesprächskultur. So gehen Sprach- und Persönlichkeitsbildung Hand in Hand.
Bezug zum Basiscurriculum Sprachbildung
[1] Siehe dazu: John Hattie: Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler 2013 [2] Siehe dazu: Brünig, Ludger/Saum, Tobias, Erfolreich unterrichten durch Kooperatives Lernen Bd.1 - Strategien zur kognitiven Schüleraktivierung, Neue Deutsche Schule 2024 |