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Mit Arbeitsaufträgen kompetent umgehen

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Bild: SenBJF

Arbeitsaufträge als Hauptinstrumente unterrichtlichen Handelns bieten, da sie immer sprachlich realisiert werden und in allen Kompetenzbereichen relevant sind, ein großes Potenzial für die effektive Unterrichtsgestaltung und verdienen daher unter Sprachbildungsaspekten besondere Aufmerksamkeit.

 

 „Je klarer die Aufgabenstellung zeigt, wie die erwartete Sprachleistung aussehen soll, umso größer ist die Chance, dass sich die tatsächlich erbrachte Sprachleistung der erwarteten annähert. Klare und detaillierte Aufgabenstellungen sind deshalb das A und O für eine effektive Sprachförderung.“[1]

 

Nicht selten kann beobachtet werden, dass viele Schülerinnen und Schüler die fachlichen Anforderungen einer Aufgabenstellung nicht etwa aufgrund fehlender fachlicher Kompetenz nicht erfüllen können, sondern weil die Aufgabenstellung nicht oder falsch verstanden wird.

Als anschauliches Beispiel sei die folgende Aufgabe aus einem Biologietest an einem Berliner Gymnasium genannt:

 

Aufgabenstellung (zu einer Abbildung einer Pflanze, umgeben von mehreren Begriffen): Unterstreiche alle Stoffe, die über die Wurzeln aufgenommen werden.

 

Nachdem mehrere sonst leistungsstarke Schülerinnen und Schüler fälschlicherweise Stoffe wie Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid unterstrichen hatten, hat die Lehrkraft nach der Ursache für die Unterstreichungen gefragt und die Antwort erhalten: „Wieso? Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid sind doch über den Wurzeln.“ An dieser Stelle hatte also das Missverständnis der Präposition „über“, die hier in einer speziellen, bildungssprachlichen Verwendungsform anstelle von „durch“ in der Aufgabenstellung erscheint, die fachlich korrekte Bearbeitung der Aufgabe verhindert. In vielen anderen Sprachen existieren keine Präpositionen oder sie geben ausschließlich lokale Verhältnisse an.

 

Dieses Beispiel veranschaulicht, dass es nicht immer nur die Fachbegriffe sind, die Verständnishürden darstellen, sondern eben auch bildungssprachliche Strukturen. Zum anderen zeigt es die Notwendigkeit auf, den Umgang mit Arbeitsaufträgen sowohl auf Seite nder Lehrkräfte als auch mit den Schülerinnen und Schülern sprachsensibel zu gestalten bzw. zu trainieren.

 

Studien belegen zudem, dass in Arbeitsaufträgen „ein gemeinsamer Kern an sprachlich-kommunikativen Anforderungen besteht (benennen, evaluieren, beschreiben, argumentieren, erklären), der über die Fächergrenzen hinweg auszumachen ist.“[2]  Schmölzer-Eibinger et al sprechen in diesem Zusammenhang von „literalen Prozeduren“[3], Leisen von Standardsituationen.[4]

 

Um nun von den Arbeitsaufträgen im Allgemeinen zu deren zentralstem Element im Besonderen zu kommen: Die in der fachdidaktischen Praxis gängigen Operatoren spielen eine zentrale Rolle. Operatoren sind die Aufforderungsverben in einer Aufgabenstellung, die – meist im Imperativ – die hauptsächliche Handlungsanweisung an die Schülerinnen und Schüler enthalten.

 

Während in der Oberstufe die wichtigsten Operatoren durch die einheitlichen Prüfungsanforderungen der Kultusministerkonferenz[5] festgelegt sind, stellt gerade die zunehmende Fächervielfalt der Mittelstufe und die damit einhergehende Vielzahl an Operatoren eine sehr große Herausforderung dar. 

 

Zu dem Thema gibt es schon einige Handreichungen, die ausführliche und hilfreiche Anleitungen im Umgang mit Operatoren bzw. Listen von Definitionen und Formulierungshilfen[6] sowie methodische Hinweise und Kopiervorlagen zur Erarbeitung bieten[7] und auf die hier zur Vertiefung nur verwiesen werden kann. Sowohl die Rolle der Operatoren aus fachwissenschaftlicher Sicht als auch einige Praxisbeispiele aus verschiedenen Fächern finden sich in den „Materialien zur Sprachbildung und Leseförderung in Berlin“, die 2013 vom LISUM herausgegeben wurden[8] und in Form eines grünen Ordners an alle Berliner Schulen verschickt wurden. 

 

Natürlich sind die Operatoren nicht die einzigen Stolperstellen von Arbeitsaufträgen, wenn auch die am besten kontrollierbaren. Eine wichtige Rolle spielen neben der inhaltlichen Dichte und den Fachwörtern vor allem inhaltliche Zusammenhänge und Bezüge, insbesondere  innerhalb von längeren Aufgabenstellungen. Hier sind es besonders die sogenannten „Proformen“, die oft zu Missverständnissen führen. Es folgt wieder ein Beispiel aus einem Berliner Gymnasium,  aus einem Geschichtstest:

 

Aufgabenstellung: Nenne die Bezeichnungen für die Zusammenschlüsse von a) Kaufleuten und b) Handwerkern und beschreibe kurz deren Funktion.

 

Eine Schülerin beschrieb in dieser Aufgabe ausführlich die Funktion von Kaufleuten und Handwerkern, weil sie nicht erkannt hatte, dass das Wort „deren“ sich auf die übergeordnete Bezeichnung „Zusammenschlüsse“ bezog.

 

Arbeitsaufträge und Prüfungsaufgaben müssen also sprachsensibel formuliert und mit den Schülerinnen und Schülern eingeübt werden, um allen so weit wie möglich die gleiche Chance auf eine erfolgreiche Bewältigung des Auftrags bzw. Leistungsüberprüfung zu gewährleisten. Dafür geben die nachfolgenden Tools zahlreiche Hinweise und Vorschläge.

 

Bezug zum Basiscurriculum Sprachbildung

 

Das Basiscurriculum Sprachbildung enthalt zwar keine Standards im Umgang mit Operatoren, aufgrund ihrer großen Bedeutung findet sich hier aber eine Übersicht von neun Operatoren mit ihren an die EPA angelehnten Definitionen „in einer für die Schülerinnen und Schüler verständlichen Sprache“, die „in allen Fächern verwendet werden.“ Hinzu kommen zahlreiche weitere fachspezifische Operatoren, für die es sich lohnt, innerhalb eines Fachbereichs Absprachen zu treffen.[9]

 

 

Literatur:  

  • Neugebauer/Nodari, Förderung der Schulsprache in allen Fächern, Bern 2012
  • Leisen, Josef, Handbuch Sprachförderung im Fach, Stuttgart 2020
  • Schmölzer-Eibinger et al. (Hrsg), Sprachförderung im Fachunterricht in sprachlich heterogenen Klassen, Stuttgart (Klett) 2013

 

Links:

 

 

 

 

 

 


[1] Neugebauer/Nodari (2012), S. 23

[2] Schmölzer-Eibinger et al S. 20, zitieren Thürmann/Vollmer (2010) und postulieren in diesem Zusammenhang ihr Modell der literalen Handlungskompetenz (S. 67f)

[3] Ebd.

[4] Leisen, Josef, Handbuch Sprachförderung im Fach, Stuttgart 2020, S. 191

[5] https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/unterricht/pruefungen/abitur-berlin/einheitliche-pruefungsanforderungen

[6] Thierkopf-Diallo, Gabriele et al. Was soll ich tun- Operatoren erfolgreich entschlüsseln und bearbeiten,   https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/themen/sprachbildung/Durchgaengige_Sprachbildung/ZeS/Operatoren_erfolgreich_entschluesseln_2020.pdf

[7] https://li.hamburg.de/fortbildung/faecher-lernbereiche/sprachen/sprachfoerderung/operatoren-sprachbildung-610338

[8] https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/themen/sprachbildung/sprachsensibler-fachuntericht 

[9] Zur Bedeutung der Operatoren siehe auch Feilke (2012), Bildungssprachliche Kompetenzen fördern und entwickeln, Praxis Deutsch 233,  S. 9