Tool 35: Vom Lesen zum Schreiben – Kompetenzen zielgerichtet kombinieren
Bild: SenBJF |
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1. Materialgestütztes Schreiben
Beim materialgestützten Schreiben bereichern sich Lese- und Schreibkompetenzen integrativ gegenseitig. Das themenzentrierte Erkenntnisinteresse der Lernenden steht dabei ebenso im Mittelpunkt wie die Kombination diverser Kompetenzen im Lesen und Schreiben.
Die Schülerinnen und Schüler suchen entweder selbst Text-Material zu einem Thema aus verschiedenen Quellen aus oder sie erhalten die Materialien von der Lehrkraft. Diese können bzw. sollten aus unterschiedlichen Quellen auch verschiedener Stilebenen stammen. Die Aufgabe besteht darin, die Materialien zunächst auf bestimmte, für das Thema relevante Inhalte zu durchsuchen, diese herauszufiltern und am Ende in einem eigenen, entweder informierenden oder argumentierenden Text zu verarbeiten.
Dabei wird ein Thema zudem aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und die Schülerinnen und Schüler müssen sich mit verschiedenen linearen (informierende, kommentierende…) und nichtlinearen Textformen (z.B. Grafiken, Schaubilder etc.) auseinandersetzen.
Diese Vorgehensweise ist nicht nur eines der üblichen Klausurformate des Deutschunterrichts in der Oberstufe, sondern auch eine praxisnahe Vorbereitung auf Schreiben in beruflichen oder Ausbildungskontexten.
Zudem eignet es sich insofern für alle Fächer, als neben diesen Grundfertigkeiten auch die eigenständige Recherche sowie der kritische Umgang mit Quellen trainiert werden. Somit ist materialgestütztes Schreiben auch eine gute Vorbereitung/Ergänzung bei der Erstellung von Referaten.
Materialgestütztes Schreiben in fünf Schritten
1. Lies die Aufgabenstellung sorgfältig und überlege Dir, was Du tun sollst und welches Ergebnis am Ende dabei herauskommen soll.
2. Suche Materialien zum Thema aus bzw. werte die gegebenen Materialien zum Thema aus.
3. Stelle die Informationen aus dem Text in einer für Dein Endprodukt sinnvollen Struktur zusammen (Mindmap, Liste, Tabelle…)
4. Erstelle einen Schreibplan/eine Gliederung für dein Endprodukt.
5. Verfasse Deinen endgültigen Text. Bedenke dabei, für welches Publikum du ihn schreibst.
Besonders motivierend ist materialgestütztes Schreiben dann, wenn es in ein motivierendes, situiertes Schreibsetting eingebettet ist (siehe Tool 24 – Gute Schreibaufgaben formulieren – Erfolgreiche Schreibförderung in sieben Adjektiven). Schon in jüngeren Jahrgängen kann in dies in kleineren Formen geübt werden, um dann am Ende in der Oberstufe erfolgreich angewendet zu werden. Wenn einzelne Schritte intensiver unterstützt werden müssen, eignen sich dafür die in den jeweiligen Tools genannten Instrumente (z.B. zum Lesen die Tools 8+9+10 sowie 12+13+14+15 oder zum Schreiben die Tools 24, 26, 27, 28, 29, 30).
a) Beispielaufgabe materialgestütztes Informieren:
An deiner Schule soll die Ernährung in der schuleigenen Cafeteria gesünder gestaltet werden. Dafür soll ein Informationsflyer für alle Schülerinnen und Schüler erstellt werden, der über gesunde Ernährung informiert und Empfehlungen für die Auswahl in der Cafeteria gibt.
Recherchiert im Internet mindestens fünf verschiedene Quellen über gesunde Ernährung. Stellt die für euren Flyer wichtigsten Informationen in einer Mindmap zusammen. Erstellt eine Gliederung für den Flyer und verfasst ihn.
b) Beispielaufgabe materialgestütztes Argumentieren: Die Schule verfolgt ein Projekt zum Thema gesunde Ernährung. Es wird darüber diskutiert, ob bestimmte, besonders ungesunde Nahrungsmittel in der Cafeteria verboten werden sollen. Du sollst einen Beitrag für die Schülerzeitung verfassen, in dem du deine Position zu dieser Frage darstellst.
Lies die gegebenen Texte sorgfältig durch und schreibe Argumente zu der Fragestellung heraus. Erstelle nun eine Gliederung für deinen eigenen Text und verfasse ihn.
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Links:
2. Das Drei-Phasen-Modell nach Schmölzer-Eibinger
Eine vielversprechende Kombination aus mehreren Verfahren der Lese- und Schreibdidaktik zur Erarbeitung fachlicher Inhalte ist das Drei-Phasen-Modell zur Förderung von Textkompetenz[1].
Dabei wird zunächst Wissen aktiviert bzw. das Bewusstsein für die Lernnotwendigkeit geweckt, anschließend wird mit vorhandenen Texten gearbeitet und am Ende werden eigene Texte zum Thema produziert.
Besonders daran sind zum einen die Zusammenstellung der Phasen, zum anderen die Kombination von Rezeption und Produktion, die eng ineinandergreifen. Zudem sind vor allem im zweiten Abschnitt mehrere konkrete Vorschläge für den Umgang mit Texten gegeben. Schmölzer-Eibinger et al betonen, dass erst das Zusammenwirken aller drei Phasen die besondere Effektivität in fachlicher und sprachlicher Hinsicht entfalte.
Phase |
Aktivität |
Beispiel[2] |
Wissensaktivierung |
Assoziationen zu einem Thema werden spontan sprechend oder schreibend verbalisiert, wobei die SuS bewusst in eine Sprachnotsituation gebracht werden. Das Sprechen kann in Partner- oder Gruppenarbeit erfolgen, das Schreiben wohl am ehesten als automatisches Schreiben (siehe Tool 34 – Individuell |
Stellt Euch vor, Ihr führt eine Klasse durch eine Ausstellung zum Thema Erfindungen. Sprecht zwei Minuten lang vor der Klasse. |
Arbeit an Texten zum Thema |
Textkonstruktion: Die Schülerinnen und Schüler erhalten Fragmente eines Textes, die sie erweitern oder vervollständigen müssen, ohne dass man diese Hinzufügungen bemerkt. Der Vorteil ist, dass diese je nach Umfang der Fragmente sehr anspruchsvolle Aufgabe Inhalt und Sprache miteinander verknüpft und andererseits das jeweilige Kompetenzniveau berücksichtigt. Denn die Lernenden können nur das schreiben, was sie können – und lernen dann aber von anderen, mit denen sie zusammenarbeiten.
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Ergänzt den folgenden Textausschnitt aus der Kurzgeschichte „Der Erfinder“. Verfasst einen Anfang und ein Ende für diese Geschichte. |
Textrekonstruktion: Gehörte oder gelesene Texte werden möglichst genau reproduziert. Um die zwangsläufig entstehenden Gedächtnislücken zu füllen, muss auf eigenes Wissen und Sprachvermögen zurückgegriffen werden. Bei der Methode „Dictogloss“ (siehe Tool 4), bei der ein Schüler oder eine Schülerin einen Text vorliest und die anderen Schülerinnen und Schüler den Text möglichst genau reproduzieren müssen, werden alle vier Basiskompetenzen geschult, indem die Textvorschläge mehrfach gelesen, überprüft und überarbeitet und dabei gleich auch noch die jeweiligen fachlichen Inhalte gelernt werden.
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Eine Person in Eurer Gruppe liest den Text „Gutenberg als Erfinder“ aus dem Geschichtsbuch vor. Die anderen hören zu und schreiben hinterher den gehörten Text so genau wie möglich auf. Die Person, die vorgelesen hat, beobachtet und schildert hinterher ihre Eindrücke.
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Textfokussierung und -expansion: Um wesentliche Informationen eines Textes zu erfassen, wird ein Text in mehreren Abschnitten von Schülerinnen und Schülern einer Gruppe (in einem Satz) zusammengefasst. Nach Überarbeitung mit textgleichen Mitgliedern anderer Gruppen erstellt die Stammgruppe einen eigenen informierenden Text zum Thema.
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Sucht Euch einen Textabschnitt (ABCD) aus und fasst ihn in einem Satz zusammen. Vergleicht anschließend in Eurer Gruppe Eure Ergebnisse, diskutiert die Unterschiede und überarbeitet Eure Kernaussagen. Schreibt nun in Partnerarbeit einen Text über einen Erfinder im 21. Jahrhundert. |
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Texttransformation |
Ähnlich wie beim materialgestützten Schreiben im Deutschunterricht werden nun die gesammelten Informationen zum Thema auf der Basis verschiedener umfangreicher Quellen selektiert, verknüpft, interpretiert und im Hinblick auf eine weiterführende Aufgabe verbunden. |
Gestaltet eine Ausstellung zum Thema „Erfindungen“. Dabei soll es nicht nur um den Buchdruck, sondern auch um andere interessante Erfindungen gehen. Recherchiert dazu im Internet oder in Büchern. Gestaltet die Ausstellung möglichst interessant. Schreibt auch eine Eröffnungsrede und eine Führung vor. |
Literatur:
Links:
[1] Schmölzer-Eibinger et al (2013), S. 53f
[2] Übernommen aus Schmölzer-Eibinger et al (2013), S. 54f