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Kompetenzbereich Rezeption: Lesen

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Bild: SenBJF

Texte sind ein zentraler Bestandteil des Kompetenzerwerbs im Unterricht aller Fächer. Nicht alle Schülerinnen und Schüler sind jedoch gleichermaßen in der Lage, die im Text enthaltenen Informationen angemessen zu nutzen – sei es als Informationsquelle oder darüber hinaus als Gegenstand von Analyse und Interpretation. Häufig besteht die Herausforderung von Fachtexten und Textaufgaben nicht in den Inhalten, sondern in der sprachlichen Form: Texte in Lehrbüchern, Vorträge, Zeitungsartikel und Textaufgaben erfordern einen sicheren Umgang mit der Bildungssprache.

 

Auch wenn es durchaus sinnvoll ist, möglichst verständlich geschriebene Texte auszuwählen und Texte im Bedarfsfall zu optimieren (siehe Tool 5 + Tool 6), so müssen die Schülerinnen und Schüler  lernen, mit schwierigen Texten zurechtzukommen, um Bildungsabschlüsse erreichen zu können und in beruflichen und kulturellen Kontexten erfolgreich zu sein.

 

Lesen bedeutet dabei nicht nur Informationsentnahme; die Leseforschung definiert Lesen als aktiven und konstruierenden Prozess in der Interaktion zwischen Lesenden und Text. Dieser Prozess vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen (lokaler und globaler Leseprozess, Subjekt, soziales Umfeld), weshalb auch die Maßnahmen bei diesen verschiedenen Dimensionen im Leseprozess ansetzen.

 

Leseflüssigkeit ist als hierarchieniedrige Kompetenz sozusagen die Basis für jedes weitergehende Textverständnis, wie diverse amerikanische und deutsche Studien gezeigt haben[1]. „Leseflüssigkeit […]  steht in direktem Zusammenhang mit verstehendem Lesen und ist deshalb eine entscheidende Komponente der Lesekompetenz.“[2] Nur wer mind. 95% der Wörter eines Texts in einer angemessenen Geschwindigkeit sinnbetont und ohne zu stocken lesen kann, hat noch genug kognitive Ressourcen, um sich auch mit dem Inhalt des Gelesenen auseinanderzusetzen. Schülerinnen und Schüler, die nur stockend lesen, geraten leicht in einen Teufelskreis, da mangelndes Textverständnis und mangelnde Motivation zu lesen sich gegenseitig verstärken und zu schulischen Misserfolgen führen. Ein Training der Leseflüssigkeit (siehe Tool 7) kann diesen Teufelskreis durchbrechen und führt in der Folge nachweislich schon nach wenigen Monaten zu einer Steigerung der Leseflüssigkeit und damit des Textverständnisses[3]. Die schon während des Trainings spürbaren Fortschritte erhöhen zudem die Lesemotivation und verändern das Selbstkonzept positiv. Zur Steigerung der Lesemotivation tragen ebenfalls Vielleseverfahren und weitere Aktivitäten bei, die eine Lesekultur an der Schule etablieren (siehe Tool 16 und Tool 17).

Im Unterricht sollen Schülerinnen und Schüler Texte unterschiedlichster Art verstehen und nutzen können – das bedeutet Informationen gezielt ermitteln, komplexe Inhalte zusammenfassen, bewerten und zweckgerichtet als Grundlage für eigene Texte verwenden. Zu einer solchen aktiven und eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Text, die sich auf der globalen Kohärenzebene abspielt, kann der Unterricht in allen Fächern hinführen. Dies beginnt bereits vor der Lektüre und endet erst mit dem selbständigen Verfassen eines Textes oder Redebeitrags. Dazu dienen – wie im Basiscurriculum vorgeschlagen – „Lesetechniken“ und „Lesestrategien“, die eine Schrittfolge für die selbständige Texterschließung darstellen, aber auch Aufgaben, die den Leseprozess systematisch anleiten und den Einsatz von Lesestrategien vorbereiten (siehe Tool 12, Tool 13 und Tool 14)

Oft sind nämlich komplexe Lesestrategien zu anspruchsvoll für einen Teil der Schülerinnen und Schüler. Solange sie noch nicht in der Lage sind, Texte selbständig mithilfe von Lesestrategien zu bearbeiten, können Lehrkräfte Lesetexte didaktisieren, d.h. dass Aufgabenstellungen als Brücke zu bestimmten Lesetechniken auffordern  (siehe Tool 8, Tool 9 und Tool 10) und den späteren selbstständigen Einsatz von Lesestrategien vorbereiten.  Die Textarbeit sollte dabei die Phasen des Leseprozesses berücksichtigen und Aufgabenstellungen verwenden, welche die Schülerinnen und Schüler als Lesestrategien zunehmend und am Ende völlig eigenständig nutzen. Der Rezeptionsprozess gliedert sich in drei Phasen: vor, während und nach dem Lesen.

 

Standards zum Lesen im Basiscurriculum Sprachbildung:

 


 

Literatur

  • Rosebrock, Cornelia, Nix, Daniel, Grundlagen der Lesedidaktik, Baltmannsweiler, 2020
  • Leisen, Josef, Handbuch Lesen im Fachunterricht: Sachtexte sprachsensibel bearbeiten. Verstehendes Lesen vermitteln, Stuttgart 2020
  • Lenhard, Wolfgang, Gol, Andreas, Leseverständnis und Lesekompetenz: Grundlagen - Diagnostik - Förderung (Lehren und Lernen), Seelze, 2020
  • Philipp, Maik (Hrsg.),Handbuch Schriftspracherwerb und weiterführendes Lesen und Schreiben, Weinheim 2017

 

Links

https://www.methodenkartei.uni-oldenburg.de/hashtag/lesen/

 


[1] siehe dazu: Rosebrock/Nix (2020)

[2] Neugebauer/Nodari, Förderung der Schulsprache in allen Fächern, Bern 2012, S. 37

[3] siehe dazu: Rosebrock/Nix, Grundlagen der Lesedidaktik, Baltmannsweiler 2020, und Lesecurriculum des LISUM Berlin-Brandenburg.